Absorption
Schwarze Kleidung schluckt Licht, deswegen wärmt sie sich auf. Diese alltagssprachliche Beschreibung ist richtig. Aber die Farbe entsteht erst durch reflektiertes Licht. Farbe ist nicht einfach auf einem Objekt vorhanden und macht dann etwas mit dem Licht. Das Gegenteil ist richtig: Die Oberfläche eines Objekts reflektiert je nach Beschaffenheit verschiedene Anteile des Lichtspektrums. Je nach Beschaffenheit, nimmt sie Lichtteilchen einschliesslich der gesamten Energie auf oder sie stösst sie ab. Je nach Material, werden meist nur Teile mit einer bestimmten Wellenlänge absorbiert oder reflektiert.
Bei den akustischen Absorptionseigenschaften eines bestimmten Materials, verhält es sich ebenso. Die Oberfläche eines Materials oder eines Gegenstands hat bestimmte akustischen Eigenschaften, die mit dem Schall etwas machen. Werden Schallteilchen abgestossen, spricht man von Reflexion. Werden Schallteilchen aufgenommen, heisst es Absorption. Die Absorption hat bei Licht und Schall zur Folge, dass sie mit der Licht- oder Schallenergie die Moleküle des absorbierenden Materials in Schwingung versetzen. Durch diese Bewegungen entsteht in beiden Fällen die Wärme.
Die Wellenlängen einer bestimmten Art, bei diesem Vergleich Licht- und Schallwellen, werden als Wellenspektrum, konkret Lichtspektrum oder Schallspektrum, bezeichnet. Absorbiert ein Material das ganze Lichtspektrum, so wird nichts reflektiert, das Material erscheint schwarz. Wird dagegen nichts absorbiert, sondern alles reflektiert, so erscheint es weiss. Dazwischen liegen alle erdenklichen Mischungen. Wasser reflektiert blau, alle anderen Anteile des Lichtspektrums, wie rot, orange, gelb und grün werden absorbiert. Bei der Schallabsorption tritt der gleiche Effekt auf. Werden die Anteile mit kurzer Wellenlänge absorbiert, bleiben die reflektierten tieffrequenten Anteile im Raum übrig.
Reflexionen, Echo, Nachhall und Verfärbung
Die Nachhallzeit und Halligkeit drücken in Zahlen aus, wie lange der Klang eines Tons im Raum zu hören ist, obschon die Schallquelle längst aufgehört hat Schall abzustrahlen. Je grösser die Nachhallzeit ist, desto länger hört man den Klang eines Tons im Raum nachklingen. Im Tonstudio bewegt sich die Nachhallzeit gegen Null. Deswegen handelt es sich nicht um einen schalltoten Raum, sondern ein „klangtoten“ Raum mit kaum Reflexionen. Umgekehrt ist es in einer grossen Kathedrale. Klatscht man in die Hände, was man zwar nicht tun sollte, dann erlebt man, wie vielfältig, wie variantenreich und vor allem wie lang anhaltend das Klatschen, unzählige Male reflektiert, zurückkommt. Der Klang „zerfliesst“ mit der Zeit im Raum.
Die subjektiv, erlebte Nachhallzeit dient auf diese Art der Wahrnehmung der Grösse eines Raumes und zur Orientierung darin. Die Helligkeit des Lichts und die Nachhallzeit werden oft miteinander verglichen. Es sind erstaunliche Parallelen zu finden. Damit sie in Erscheinung treten können, benötigen beide einen Sender, also eine Licht- oder Schallquelle. Beide brauchen ausserdem Raum, respektive Raumbegrenzungsflächen, um einen räumlichen Eindruck vermitteln zu können. Wird umgekehrt ein visueller Raum komplett mit schwarzem Stoff ausgekleidet, sind die Wände nicht mehr zu sehen. Der Raum kann so nicht mehr erkannt werden, weil kein Licht mehr reflektiert wird. Die Wände sind dadurch visuell nicht mehr erfassbar. Wird der auditive Raum komplett mit schallabsorbierendem Material ausgekleidet, dann wird kein Schall mehr reflektiert. Es ist nur noch der Direktschall hörbar und der Raum kann nicht wahrgenommen werden.
Bis zu diesem Punkt, sind sich Optik und Akustik sehr ähnlich. Sie haben als physikalische Grössen und ebenso als Wahrnehmungsphänomen ein vergleichbares Funktionsprinzip. Um die Grösse eines Raums, im Sinne seiner Dimension auditiv wahrnehmen zu können, braucht es einen weiteren Parameter, die Phasenverschiebung. Es ist die Zeitdifferenz zwischen dem Eintreffen des Primärschalls und dem sich wiederholenden Empfang des gleichen Schallsignals, das unzählige Male reflektiert, auf Umwegen zum Empfänger gelangt. Die Phasenverschiebung bringt zusätzlich die Zeit, respektive den zeitlichen Verlauf in dieses Modell. Analog zu diesem Wahrnehmungsphänomen, lasen sich durch Zeit, Energie und Frequenz auch objektiv, also physikalisch, sämtliche akustischen Vorgänge erfassen und auswerten.
Damit Grösse und Dimension eines Raums gehörmässig wahrgenommen werden kann, ist also immer ein gewisses Mass an Reflexionen nötigt. Was bedeutet das nun für den Hörenden? Sind lange Nachhallzeiten besonders gut oder sehr schlecht? Sollten einfach immer möglichst kurze Nachhallzeiten angestrebt werden? Sind Echos erträglich? Falls ja, wie lange, wie viel? Bei allen diesen Fragen handelt es sich um Fragen zur Funktionsweise der Hörwahrnehmung.